Die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm sind nicht nur die Sammler, Nacherzähler und Herausgeber der „Kinder- und Hausmärchen“ sowie der „Deutschen Sagen“, sondern gelten auch als Begründer der germanischen Philologie und Altertumswissenschaften. Sie begannen die Arbeiten zum „Deutschen Wörterbuch“, und besonders Jacob schuf mit seiner „Deutschen Grammatik“, der „Deutschen Mythologie“ und den „Deutschen Rechtsaltertümern“ bahnbrechende Werke.
Nach Berlin brachte die Brüder 1841 eine jährliche großzügige Pension aus Privatmitteln des Königs, Friedrich Wilhelm IV., die ihnen die Weiterführung ihrer wissenschaftlichen Arbeiten ermöglichte. Als ordentliche Mitglieder der Akademie der Wissenschaften besaßen sie zugleich das Recht, Vorlesungen an der Berliner Universität zu halten, wovon beide über Jahre Gebrauch machten. Die Grimms sammelten in ihrer Arbeitsbibliothek über ein halbes Jahrhundert bedeutende, richtungsweisende sprach- und geisteswissenschaftliche sowie juristische Publikationen ihrer Zeit. Die Bibliothek mit rund 6.200 Bänden wurde 1865 nach ihrem Tod 1859/1863 von den Erben für 8.000 Taler (nach heutigem Geldwert etwa 500.000 €) an den preußischen Staat verkauft und in die Bestände der Bibliothek der damaligen Friedrich-Wilhelms- Universität aufgenommen. Zwei Drittel des Kaufpreises stellte der preußische König, Wilhelm I., aus seinem Privatvermögen zur Verfügung.
Die Bibliothek der jungen Berliner Universität wurde mit den Grimm-Bänden zu einer der größten Universitätsbibliotheken Deutschlands in der damaligen Zeit. Die Bücher waren über 100 Jahre einer starken Nutzung durch Gelehrte und Studierende ausgesetzt. Die historischen Umstände in Verbindung mit den oft ungünstigen Aufstellungsmöglichkeiten führten dazu, dass eine Benutzung nicht mehr verantwortet werden konnte. Seit den 1980er Jahren ist die Bibliothek separat aufgestellt. 1989 erreichten die jahrzehntelangen Bemühungen um die Wiederherstellung der Grimm-Bibliothek mit dem Erscheinen des gleichzeitig in beiden deutschen Staa- ten herausgebrachten Katalogs der Bibliothek einen relativen Abschluss. Das bis heute anhaltend große Interesse von Wissenschaftlern aus aller Welt belegt die Bedeutung der Grimm-Bibliothek. Die Bibliothek insgesamt, aber auch viele ihrer Bände sind wissenschaftshistorische Dokumente ersten Ranges.
Im Jahre 1997 hatte sich die Bibliothek entschlossen, die für die Restaurierung der schadhaften und daher nicht mehr benutzbaren Bücher – etwa die Hälfte des historischen Buchbestandes – 210.000 € durch Buchpatenschaften einzuwerben. In Zusammenarbeit mit dem Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Humboldt-Universität und der Humboldt-Universitäts-Gesellschaft wurde daraufhin die Kampagne „Bücher in Not“ ins Leben gerufen.
Bei der Restaurierung der Bücher werden u. a. verschmutzte Papiere und Einbände gereinigt, lose Einbände wieder mit dem Buchblock verbunden, fehlende Einbandteile ersetzt, Risse und Löcher geschlossen und Schäden durch Feuchtigkeit und Pilzbefall beseitigt. Alle Arbeiten müssen behutsam von Hand ausgeführt werden, damit der besondere Charakter der Grimm- Bibliothek erhalten bleibt und die vielfältigen handschriftlichen, empfindlichen Notizen auf den Vorsätzen und Einbänden gesichert werden können und für die Forschung erhalten bleiben.
Zwischen 1997 und 2004 ist es gelungen, durch Veranstaltungen, Buchpatenschaften und dem Erlös aus der Postkartenaktion „Bücher in Not“ insgesamt rund 80.000 € an Spenden aufzubringen. Rund 750 Bücher konnten aus diesen Einnahmen bisher restauriert werden. Die Kampagne soll bis zur Sicherung des gesamten Bestandes fortgesetzt werden.